|
Das Glanzstoffwerk in Kelsterbach!
Treffend zum Untergang der Glanzstoff, zeigt Roland die letzten Reste
des Werkes, eine mit Schnee bedeckte Halde mit Bauschutt. Es folgt ein
Film „Textile Chemiefasern“. Wegen aufwendiger und teurer Haltung von
Seidenraupen die zur Erzeugung des Seidenkokons gezüchtet wurden, waren
Forscher jahrelang auf der Suche nach einem Kunstfaden. Die ersten Erfolge
gelangen dem Graf Chardonnet, aus Frankreich. Leider brach der erzeugte
Faden oft und war leicht brennbar. Der Durchbruch gelang Dr. Fremery mit
seiner Kupferkunstseide. Sie ist das Vorprodukt des heutigen Rayonfadens.
Auch für Außenstehende verständlich, zeigt der Film chronologisch den
Weg der Herstellung des Fadens. Die Erhöhung der Seidenproduktion und der
Fluktuation angelernter Arbeiter, machten es erforderlich, Gastarbeiter
nach Deutschland zu holen. Für die Arbeiter und Angestellten hat das Werk
viele soziale Einrichtungen geschaffen, wie bezahlbarer Wohnraum,
werksärztliche Betreuung, eine Kantine, Urlaubsverschickung für Kinder der
Werksangehörigen, sowie das erste öffentliche Schwimmbad in Kelsterbach,
Tennisplätze und noch einiges mehr. Da der Verkauf von Rayon in Europa
und Fernost drastisch zurück ging, konnte trotz heftiger Proteste seitens
der Belegschaft, eine Schließung des Werkes im Jahre 2000 nicht verhindert
werden. Mit Zustimmung eines Investors und den Vertretern der Stadt
Kelsterbach, wurde ein Bebauungsplan für das Gelände erstellt. Nach der
Abrissgenehmigung durch den Kreis Groß Gerau, wurde 2008 das Wahrzeichen
des Werkes, der hohe Abluftkamin als erstes abgerissen. Bis auf 3 unter
Denkmalschutz stehende Gebäude, wurde der Rest der Fabrik dem Erdboden
gleichgemacht. Auf der vorhandenen Freifläche sind heute Einfamilienhäuser
und ein Geschäftsviertel gebaut worden.
Lob und Tadel:
Roland hat für seinen Dokumentarfilm über mehrere Jahre Aufnahmen vom Werk
gemacht und sie dann mit Fremdmaterial und Standbildern akribisch
zusammengeschnitten. Ein sehr guter Kommentar wertet den Film noch
auf. Gute Nahaufnahmen bei leider zu langen Interviews. Das im Jahre 2008
als Spaß gedacht, den Betrieb noch mal anzufahren, ist nicht gut
angekommen. Auch sind die schlechten Arbeitsbedingungen in der
Viskose-Abteilung, Spinnerei und Druckwäsche nicht erwähnt worden.
Resümee: Roland hat einen sehr informativen Film über
das Glanzstoffwerk geschaffen. Er ist für die ehemaligen Mitarbeiter
eine Zeitreise in die Vergangenheit. Der Film ist sehr gut angekommen
und wurde auch so bewertet.
Otto Pfister |
|